Dauerausstellung des Ägyptischen Museums
Das Ägyptische Museum der Universität Bonn zeigt eine der reichsten Kollektionen ägyptischer Altertümer im Rheinland. Als Universitätsmuseum kommt ihm die Rolle zu, nicht nur Wissen über die pharaonische Kultur zu präsentieren, sondern auch die Bedingungen der Entstehung dieses Wissens freizulegen. Objektsammlungen wie die der Bonner Universität prägen nicht unwesentlich unser Bild von fremden und alten Kulturen. In der dreiteilig konzipierten Ausstellung sollen verschiedene Deutungs- und Bedeutungsschichten herausgestellt werden.
Drei Wege nach Ägypten
Das pharaonische Ägypten fasziniert - nicht nur Forscher, sondern auch Kinder und Erwachsene, Laien und Spezialisten, Kunstfreunde, Esoteriker und Sammler. Die Dauerausstellung lädt dazu ein, auf drei Wegen unterschiedliche Zugänge zum alten Ägypten zu erleben.
Gleich rechts vom Eingang befindet sich das kulturhistorische Panorama. Hier werden in Themenvitrinen wesentliche Aspekte der pharaonischen Kultur vorgestellt und laden dazu ein, in den Dialog mit den Dingen zu treten. Die Vitrine Keramik zeigt an ausgewählten Beispielen, wie sich Gefäßformen in der Zeit verändern, was sie über Gebrauch und Inhalt erzählen und wie sich die Keramik verschiedener Ethnien in Ägypten unterscheidet. Werkzeuge und Waffen demonstrieren, dass Stein im Niltal ein universeller Rohstoff war, aber auch Holz und Metall genutzt wurden. Die Vitrine Haus und Luxus belegt, dass auch die Unterschicht wenigstens minimale Ansprüche an Komfort hatte. Als frühe Hochkultur ist Ägypten eine von nur vier Regionen auf der Welt, in der es zur Erfindung einer Schrift kam. Beispiele für Monumentalschrift, Kursivschrift, Texte auf Gesteinsbrocken und Tonscherben (Ostraka), Papyrus sowie Pergament geben einen Überblick über die ägyptische Schriftkultur.
Mit der Ideologie und Religion der Ägypter beschäftigen sich vier Vitrinen: Pharao, Götter, Tierkult, Mythos. Von den Göttern führt der Weg zu einem großformatigen Modell des Tempels von Medinet Habu, vom Mythos um den sterbenden und wieder auferstehenden Gott Osiris zum Totenkult. In drei Vitrinen sind Objekte der Totenausstattung, zu Mumifizierung und Trauer zu betrachten. Ein prächtig bemalter Sarg leitet zur größten Vitrine des Museums über, in der Kunst und Handwerk bewundert werden können. Drei beeindruckende Porträts – aus dem Alten Reich (um 2400 v.u.Z.), dem Mittleren Reich (um 1900 v.u.Z.) und dem Neuen Reich (um 1400 v.u.Z.) – präsentieren den hohen Stand der Bildhauerkunst. Das Relief einer Schlachtungsszene aus dem Alten Reich (um 2400 v.u.Z.) bezeugt die Möglichkeiten, die ägyptische Künstler trotz einer standardisierten Art der Menschendarstellungen hatten, um perspektivische Verkürzungen und Überschneidungen darzustellen. Eine Stele aus der Ptolemäerzeit (um 100 v.u.Z.) verdeutlicht, wie sich die Prinzipien der ägyptischen Flachbildkunst auch unter griechischer Herrschaft behaupteten.
Dem kulturhistorischen Panorama gegenüber befindet sich der Bereich der Studiensammlung. Hier werden in acht Großvitrinen sowie mehreren Sammlungsschränken die Bestände des Museums für den akademischen Unterricht verwahrt und der Besucher ist eingeladen, selbst auf Entdeckungsreise zu gehen. Nach Objektgruppen geordnet, können hier u.a. hervorragende Leistungen der Töpferkunst von der Frühgeschichte (4./3. Jahrtausend v.u.Z.) bis in die Spätzeit (1. Jahrtausend v.u.Z.) bewundert werden. Steinobjekte, Kleinbronzen, Holzobjekte, Uschebties (Totenfiguren) sind mit originellen Beispielen aus allen Epochen vertreten. Einzelvitrinen beherbergen Amulette und Miniaturen, Skarabäen, z.T. mit gravierten Bodenplatten sowie Schriftzeugnisse. Einen besonderen Schwerpunkt der Studiensammlung bilden die reichen Funde von der Qubbet el-Hawa, die vom Alten Reich bis in die Spätzeit datieren. Darunter befinden sich in Europa einzigartige Objekte wie die große Menge von mit althieratischer Schrift beschriebenen Tontöpfen, zwei der nur an der Qubbet el-Hawa gebräuchlichen bemalten Schalen und die Reste einer antiken Bronzegusswerkstatt.
Als ein dritter Bereich ist das Kabinett des Sammelns konzipiert. Kein Museum kann die pharaonische Kultur vollständig abbilden; der Bestand ist immer durch Zufälle der Erwerbung und die Vorlieben der Sammler bestimmt. Um diese grundlegende Bedingung unseres Wissens vom alten Ägypten deutlich zu machen, zeigen die Vitrinen in diesem Teil der Ausstellung einige Konvolute aus Privatbesitz in ihrem Sammlungszusammenhang. Neben kleineren Objekten wie Uschebtis und Amuletten finden sich hier immer wieder herausragende Einzelstücke, die von dem ästhetischen Vergnügen künden, das die Beschäftigung mit Altägypten bereitet. Aber auch ganz einfache Fundstücke und Erinnerungen lassen für den Sammler eine imaginäre Landschaft entstehen, die er in seine Lebenswelt integriert. Selbst Nachahmungen und Fälschungen haben so ihren Sinn und ihren Wert. Damit wird ein wichtiges Element der europäischen Auseinandersetzung mit dem Orient thematisiert: dass die Beschäftigung mit diesen Dingen einer fernen und vergangenen Kultur auch heute große Bedeutung nicht nur für Wissenschaftler, sondern auch für Sammler, Besucher, Reisende und Einheimische hat.
Da das Ägyptische Museum der Universität Bonn sich als ein lebendiger Ort der Auseinandersetzung versteht, als ein Laboratorium der Aneignung, sind die drei Sammlungsbereiche keine starren Konstruktionen. Im Zuge von Lehrveranstaltungen, wissenschaftlichen Projekten und Neuerwerbungen werden Vitrinen umgestaltet und interessante Objekte in den Fokus gerückt. Hinzu kommen regelmäßige Sonderausstellungen, die verschiedene Aspekte der Beschäftigung mit dem alten Ägypten zum Thema haben.