Universität Bonn

Institut für Archäologie und Kulturanthropologie

Mylasa in Karien - Antike Kulturgeschichte im Spiegel archäologischer Denkmäler


Mylasa Abb 1
Abb. 1: Aquädukt-Unterführung Baltalı Kapı, 2. Jh. n. Chr. © Frank Rumscheid

Mylasa, das heutige Milas, in der antiken Landschaft Karien war die Hauptstadt der Hekatomniden, bis Maussollos im zweiten Viertel des 4. Jhs. v. Chr. die Residenz nach Halikarnassos verlegte. Doch auch im Hellenismus und in der römischen Kaiserzeit gehörte die Stadt zu den bedeutendsten in Karien. Im 5. Jh. n. Chr. wurde sie Bischofssitz und gehörte seit dem 14. Jh. den türkischen Emiren der Menteşeoğulları, die im nahen Beçin ihr Herrschaftszentrum hatten. Seit osmanischer Zeit ist Milas, das von der Antike an ständig bewohnt blieb, nur noch Kreisstadt.

Die Stadt und ihre Denkmäler haben schon lange vor der Zeit der großen archäologischen Ausgrabungen etwa in Troja und Olympia viele Reisende angezogen (Abb. 2). Älteste Berichte reichen über 300 Jahre zurück. Da durch Neubauten im Stadtzentrum sowie das Wachsen der Stadt weit über ihre mittelalterlichen Grenzen hinaus die antike Substanz beinahe täglich abnimmt, war es an der Zeit, zumindest die einer Oberflächen-Untersuchung zugänglichen antiken Denkmäler erstmals nach heutigen wissenschaftlichen Maßstäben zu dokumentieren. 

Nachdem schon 1985/86 die Fundstücke aus Milas in den archäologischen Museen von Istanbul, Izmir und Bodrum gesichtet worden waren, konnte 1994 bis 1997 im Auftrag der Abteilung Istanbul des Deutschen Archäologischen Institutes und dank der Genehmigung türkischer Stellen in Milas selbst und im dortigen Museum gearbeitet werden. 2005 wurden noch einmal die Neufunde seit 1998 im Museum Milas aufgenommen. Mit einer Gruppe aus Archäologen, Architekten und jeweils einem Geodäten wurden 1994 bis 1997 in der Stadt, in der umgebenden Ebene und auf den sie einfassenden Bergen die sichtbaren Spuren der Antike gesichert. 

Mylasa Abb 2
Abb. 2: Tempel des Augustus und der Roma © Pococke 1745
Mylasa Abb 3
Abb. 3: Gümüşkesen-Mausoleum, 2. Jh. n. Chr. © Frank Rumscheid

Von Steinbrüchen über Befestigungsanlagen, Aquädukte, Großbauten und Gräber (Abb. 3) bis hin zu einzelnen Bauteilen (Abb. 4), Skulpturen (Abb. 5) und Kleinfunden (Abb. 6) wurden Denkmäler vorwiegend geometrischer bis spätantik/byzantinischer Zeit in Zeichnungen und Photos dokumentiert. Unter anderem wurde ein detaillierter Plan der antiken Baureste im eigentlichen Stadtgebiet von Mylasa erstellt.

Mylasa Abb 4
Abb. 4: Säulenbasis mit Blattkranz, wohl noch 1. Jh. v. Chr. © Frank Rumscheid
Mylasa Abb 5
Abb. 5: Grabrelief eines Gladiators, 2./3. Jh. n. Chr. © Frank Rumscheid
Mylasa Abb 6
Abb. 6: Olpe, spätes 8. Jh. v. Chr. © Frank Rumscheid

Anhand dieser Materialsammlung, der reichen inschriftlichen, literarischen und numismatischen Quellen der Antike sowie der Informationen in den erwähnten Reiseberichten und der verstreuten neueren Literatur entsteht, zeitweilig gefördert von der DFG, eine Monographie, in der erstmals umfassend die Kulturgeschichte Mylasas und seiner nahen Umgebung historisch differenziert dargestellt wird. Einige Ergebnisse sind bereits vorab in Form von Aufsätzen zur Diskussion gestellt worden, darunter auch die Identifizierung des Uzunyuva genannten Sockelbaus (Abb. 7), der bis dahin als Tempel des Zeus Karios galt, und der umgebenden Terrasse als nie vollendetes Monumentalgrab des karischen Satrapen Maussollos (Abb. 8).

Mylasa Abb 7
Abb. 7: Hekatomnidengrab © Frank Rumscheid
Mylasa Abb 8
Abb. 8: Plan Hekatomnidengrab © Frank Rumscheid

Nachdem 2010 eine Grabkammer mit Reliefsarkophag unter dem Sockelbau bekannt geworden ist, hat man das Grab vielfach als jenes des Hekatomnos gedeutet, des 377 v. Chr. verstorbenen Vaters und Vorgängers des Maussollos. Der Stil der Sarkophagreliefs, die Detailformen der Bauornamentik, bautechnische Eigenheiten und die Stadtentwicklung von Mylasa sprechen jedoch dafür, dass das Grab frühestens in der Regierungszeit des Maussollos angelegt worden ist.

  • F. Rumscheid, Milas 1994, in: 13. AST, 29 Mayıs – 2 Haziran 1995 Ankara I (Ankara 1996) 77–98 (deutsch und türkisch).
  • F. Rumscheid, Milas 1995, in: 14. AST, 27–31 Mayıs 1996 Ankara I (Ankara 1997) 123–140 (deutsch und türkisch).
  • F. Rumscheid, Milas 1996, in: 15. AST, 26–30 Mayıs 1997 Ankara II (Ankara 1998) 385–407 (deutsch und türkisch).
  • F. Rumscheid, Milas 1997, in: 16. AST, 25–29 Mayıs 1998 Tarsus II (Ankara 1999) 165–186 (deutsch und türkisch).
  • F. Rumscheid, Mylasas Verteidigung: Burgen statt Stadtmauer?, in: E.-L. Schwandner – K. Rheidt (Hrsg.), Stadt und Umland, DiskAB 7 (Mainz 1999) 206–222.
  • J. Rumscheid – F. Rumscheid, Gladiatoren in Mylasa, AA 2001, 115–136.
  • F. Rumscheid, Regionale Moden bei Gladiatoren und athletische Eurhythmie eines Kochtopfes: vier neu gefundene Grabreliefs aus Mylasa, in: T. Korkut u. a. (Hrsg.), Anadolu’da Doğdu, Festschrift für Fahri Işık zum 60. Geburtstag (Istanbul 2004) 631–647.
  • F. Rumscheid, Inschriften aus Milas im Museum Bodrum, EpigrAnat 37, 2004, 43–61.
  • F. Rumscheid, Der Tempel des Augustus und der Roma in Mylasa. Eine kreative Mischung östlicher und westlicher Architektur, JdI 119, 2004, 131–178.
  • F. Rumscheid, Zur Herkunft der neuen karischen Inschrift aus der Region von Mylasa, Kadmos 44, 2005, 187.
  • A. Kızıl – F. Rumscheid, Ein neu gefundenes Pfeilerkapitell aus dem frühhellenistischen Mylasa , IstMitt 56, 2006, 207–214.
  • F. Rumscheid, Maussollos and the ‘Uzun Yuva’ in Mylasa : an Unfinished Proto-Maussolleion at the Heart of a New Urban Center?, in: R. van Bremen – M. Carbon (Hrsg.), Hellenistic Karia, Proceedings of the First International Conference on Hellenistic Karia, Oxford, 29 June – 2 July 2006 (Bordeaux 2010) 69–102.
  • F. Rumscheid, Im Grab mit Aphrodite? Kleinskulpturen aus Mylasa und Stratonikeia, in: L. Karlsson – S. Carlsson (Hrsg.), Labraunda and Karia. Proceedings of the International Symposium Commemorating Sixty Years of Swedish Archaeological Work in Labraunda, The Royal Swedish Academy of Letters, History and Antiquities Stockholm, November 20-21, 2008, Boreas 32 (Uppsala 2011) 445–459.
  • F. Rumscheid, Überlegungen zur materiellen Kultur Mylasas in archaischer Zeit, in: O. Henry – K. Konuk (Hrsg.), Karia Arkhaia. La Carie, des origines à la période pré-hékatomnide, 4èmes rencontres d’archéologie de l’IFEA, Istanbul 14-16 novembre 2013 (Istanbul 2019) 309–326.
  • F. Rumscheid, Mylasa (Milas) / Mylasa, in: O. C. Henry – A. Belgin-Henry (Hrsg.), Karialılar. Denizcilerden Kent Kuruculara / The Carians. From Seafarers to City Builders, Anadolu Uygarlıkları / Anatolian Civilisations 9 (Istanbul 2020) 322–343.
  • F. Rumscheid, Hekatomnidengräber in Halikarnassos und Mylasa. Voraussetzungen und Folgen, in: Chr. Berns – C. Huguenot (Hrsg.), Griechische Monumentalgräber. Regionale Muster und ihre Rezeption im ägäischen Raum in klassischer und hellenistischer Zeit, Tagung am 10. und 11. Februar 2012 im Topoi-Haus in Berlin Dahlem (Düren 2020) 175–203.

Kontakt

Prof. Dr. Frank Rumscheid

Universitätsprofessor für Klassische Archäologie, Direktor des Akademischen Kunstmuseums

1.023

Römerstraße 164

53117 Bonn

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