Yukatekisches Maya
Das Yukatekische Maya (Maaya T'aan) ist eine der 30 Mayasprachen, die heute in südlichen Teilen Mexikos, in Guatemala, Belize und im Westen von Honduras gesprochen werden. Diese zuweilen stark divergierenden Sprachen werden zu einer Sprachfamilie zusammengefasst, wobei das Yukatekische Maya gemeinsam mit dem Lakandon-, Itza'- und Mopan-Maya zu den Tiefland-Mayasprachen gehört (siehe Abbildung 1).
I. Allgemeine Einführung
Mit gegenwärtig rund 800.000 Sprechern ist das Yukatekische Maya nicht nur die zweitgrößte Mayasprache nach dem K'iche', sondern auch diejenige mit dem größten Verbreitungsgebiet. Dieses umfasst schwerpunktmäßig die südmexikanischen Bundesstaaten Yucatán, Campeche und Quintana Roo; kleinere Sprechergemeinschaften finden sich auch im Staat Belize an der Grenze zu Mexiko (siehe Abbildung 2). In Yucatán beläuft sich der Anteil der mayasprachigen Bevölkerung auf 30,3% (537.516 Sprecher), in Quintana Roo auf 13,4% (177.979 Sprecher) und in Campeche auf 12,3% (71.852 Sprecher) (Instituto Nacional de Estadística y Geografía, 2011).
Diese Momentaufnahme der aktuellen Sprachsituation suggeriert eine auf den ersten Blick große und stabile Sprachgemeinschaft. Tatsächlich ist jedoch seit den 1990er Jahren zu beobachten, dass die Sprecherzahlen trotz der Einführung zweisprachiger Schulen und verschiedener Revitalisierungsprogramme langsam aber kontinuierlich sinkt. Das Yukatekische Maya wird daher - wie die Mehrzahl der indigenen Sprachen des amerikanischen Doppelkontinents - als "gefährdete Sprache" (endangered language) klassifiziert (Adelaar 2007).
Die Ursachen, die dazu führen, dass indigene Sprachen zugunsten offizieller Landessprachen aufgegeben werden, hängen von den jeweils vorherrschenden regionalen und lokalen Gegebenheiten ab. Im Falle des Yukatekischen Maya lassen sich zwei zentrale Faktoren bestimmen: a) die massive Abwanderung der mayasprachigen Bevölkerung in urbane Zentren, in denen das gesellschaftliche und berufliche Weiterkommen von der Beherrschung des Spanischen abhängt und b) das im Vergleich zum Spanischen niedrigere Prestige des Yukatekischen Maya. Während Erstere untrennbar mit Fortschritt, Reichtum und beruflicher Zukunft assoziiert wird, wird Letztere oftmals mit Rückständigkeit, Armut und bäuerlicher Lebensweise in Verbindung gebracht (Gabbert 2001).
II. Yukatekisches Maya in Bonn
Yukatekisches Maya wird seit 1990 an der Abteilung für Altamerikanistik angeboten. Unterrichtet wird das moderne Yukatekische Maya, dessen grammatische Struktur im Mittelpunkt der ersten zwei Semester liegt. Der dritte Teil des Sprachkurses dient der Vertiefung der Übersetzungspraxis anhand ausgewählter Texte in modernem und kolonialzeitlichem Yukatekischen Maya. Die ethnologisch-altamerikanistische Erforschung der autochthonen Gesellschaft und Kultur auf der yukatekischen Halbinsel war und ist ein wichtiger Forschungsbereich der Abteilung für Altamerikanistik, an der momentan verschiedenste Forschungsprojekte zu den oben genannten Themen angesiedelt sind.
III. Orthographie
Das Yukatekische Maya wurde zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich geschrieben. Die koloniale Schreibweise wurde 1984 durch ein neues Standardalphabet abgelöst, das sich jedoch bislang nicht konsistent durchgesetzt hat. Die seitdem geltende orthographische Konvention für Konsonanten gestaltet sich wie folgt:
Das Yukatekische Maya ist im Gegensatz zu anderen Mayasprachen eine Tonsprache, dessen Vokalsystem vier unterschiedliche Tonhöhen aufweist. Für die vier Vokalphoneme gilt nachfolgende orthographische Konvention:
IV. Sprachstruktur
Ableitungs– und Wortbildungsprozesse
Das Yukatekische Maya ist eine agglutinierende Sprache. Sämtliche Wörter basieren auf Wortwurzeln, die die Struktur Konsonant–Vokal–Konsonant (KVK) aufweisen (Bsp.: kan– = etwas lernen). Bei diesen Wortwurzeln handelt es sich in den meisten Fällen um eine der drei Wortarten Verb (transitiv oder intransitiv), Adjektiv oder Nomen. Ausgehend von diesen Wortwurzeln können durch verschiedene Kompositions– und Derivationsprozesse neue Wörter gebildet bzw. zwischen den einzelnen Wortarten übergeleitet werden. So lässt sich aus dem Nomen aal ("Kind einer Mutter") beispielsweise das intransitive Verb aalankil ("gebären") ableiten.
Besondere Bedeutung bekommen diese Worbildungsprozesse im Zusammenhang mit den Verben, da das Yukatekische Maya strikt zwischen transitiven und intransitiven Verben unterscheidet, welche sich wiederum in wurzeltransitive bzw. wurzelintransitive sowie abgeleitete transitive und intransitive Verben unterteilen.
Transitive und intransitive Verben
Wohingegen transitive Verben obligatorisch Subjekt (Agens) und Objekt (Patiens) benötigen, können intransitive Verben nur ein Argument, das Subjekt, an sich binden. Zur Bildung des Satzes "ich schreibe" (intransitiv) sowie "ich schreibe es" (transitiv) müssen daher im Yukatekischen Maya zwei unterschiedliche Verbstämme verwendet werden, welche sich jeweils von der Wurzel ts'íib ("die Schrift") herleiten:
ts'íib–ø– ("schreiben", abgeleitet.intransitiv.antipassiv)
ts'íib–t– ("etwas schreiben", abgeleitet.transitiv.von.Nomen)
Neben der Ableitung intransitiver sowie transitiver Verben von Nomen (s.o.) existieren eine Reihe weiterer Derivationsregeln, welche die Bildung von transitiven und intransitiven Verben ermöglichen. So können wurzeltransitive Verben beispielsweise durch die Inkorporation des Objektes in intransitive Verben umgewandelt werden: kin chak'ik che' – "ich fälle Bäume" (wurzel.transitiv) wird zu kin chak'che' – "ich 'baumfälle'" (abgeleitet.intransitiv.antipassiv).
Diese intransitiven Verben können wiederum transitiviert werden: kin chak'che'tik in kool – "ich 'baumfälle' mein Kornfeld" (abgeleitet.transitiv). Diese zyklische Ableitung intransitiver von transitiven Verben und umgekehrt ist eines der wesentlichen Merkmale des Verbsystems im Yukatekischen Maya. Das folgende Schema fasst die strukturellen Zusammenhänge zwischen den einzelnen Verbklassen (transitiv/intransitiv) zusammen.
Die Satzstellung folgt im Yukatekischen Maya dem Schema Verb–Objekt–Subjekt (VOS):
ku jantik tsajbil je' Xmaria "Maria isst Rührei"
Verb Objekt Subjekt Subjekt Verb Objekt
Possession
Eine Besonderheit des Yukatekischen Maya sind die verschiedenen Possessionsklassen. So wird unter anderem zwischen Neutralen, Veräußerlichen und Unveräußerlichen Nomen unterschieden. Neutrale Nomen können sowohl innerhalb als auch außerhalb von Possessiv–Konstruktionen verwendet werden. Anders verhält es sich mit den Veräußerlichen und Unveräußerliche Nomen. So benötigen Veräußerliche Nomen in possessivem Gebrauch eine spezielle morphologische Markierung (das Suffix –il bzw. –el) und können in ihrer ursprünglichen Form lediglich in absolutem Gebrauch verwendet werden. Unveräußerlichen Nomen kommen hingegen in ihrer ursprünglichen Form nur in Possessiv–Konstruktionen vor und benötigen in absolutem Gebrauch eine spezielle morphologische Markierung (das Suffix –tsil).
Neutral
in lóol = meine Blume
le lóolo' = die Blume (dort)
Unveräußerlich
in suku'un = mein älterer Bruder
le suku'untsilo' = der ältere Bruder (dort)
Veräußerlich
le bejo' = der Weg (dort)
in bejil = mein Weg
Darüber hinaus existieren einige Nomen der Unveräußerlichen sowie Veräußerlichen Klasse, welche sich nicht durch morphologische Markierung überleiten lassen und damit entweder obligatorisch besessen oder schlicht unbesitzbar sind. Beispiele:
Obligatorisch besessen
a wich = dein Auge
Nicht möglich: le icho' = das Auge
Unbesitzbar
le sujuyo' = die Jungfrau
Nicht möglich: in sujuy = meine Jungfrau
Nummeralklassifikatoren
Eine weitere Besonderheit des Yukatekischen Maya sind die zahlreichen Nummeralklassifikatoren. So wird zum Zählen von Objekten stets ein entsprechender Klassifikator benötigt, welcher das Objekt näher bezeichnet. Die im Alltag am gebräuchlichsten Klassifikatoren sind dabei jene für belebte (–túul) und unbelebte (–p'éel) Objekte:
jun p'éel ja‘as = eine Banane (unbelebt)
ka'a túul wakax = zwei Kühe (belebt)
Weitere, des öfteren gebrauchte Klassifikatoren sind –ts'íit (für lange, schmale Dinge), –xeet' (für Stücke, Teile, Scheiben), –múuch' (für Anhäufungen, Cluster) und –téen (Male, die etwas getan wird). Helga-Maria Miram (1983) hat in ihrer Feldstudie in einer mayasprachigen Gemeinde über 225 solcher Nummeralklassifikatoren dokumentieren können.
Handlungsaspekte
Wie alle anderen Mayasprachen, so unterscheidet auch das Yukatekische Maya keine absoluten Zeiten, mit Hilfe derer sich Vor– und Nachzeitigkeiten ausdrücken lassen, sondern drei verschiedene Handlungsaspekte, welche den Fokus auf die Charakteristika der Handlung legen: den Inkompletiv, den Kompletiv, sowie den Subjunktiv. Wohingegen der Kompletiv sämtliche abgeschlossenen Handlungen umfasst bezieht sich der Inkompletiv auf Handlungen und Ereignisse, welche in der nahen Vergangenheit, der Gegenwart oder der nahen Zukunft liegen. Der Subjunktiv umfasst hingegen Handlungen und Ereignisse, welche in der entfernten Vergangenheit sowie der fernen Zukunft liegen und findet ebenso in abhängigen Satzkonstruktionen Verwendung. Hinter letztgenannter Aspekt steht die Vorstellung, dass sich entfernte Vergangenheit und ferne Zukunft an einem bestimmten Punkt in der Zeit berühren. Den Zusammenhang der drei Aspekte verdeutlicht das folgende Schaubild.
Beispiele:
INKOMPLETIV
táan in jantik – ich esse es gerade
yaan in jantik – ich werde es essen (weil ich muss)
jo'op in jantik – ich habe begonnen es zu essen
ts'o'ok in jantik – ich habe es schon gegessen
suuk in jantik – ich bin gewohnt es zu essen
(...)
KOMPLETIV
tin jantaj – ich aß es
SUBJUNKTIV
úuch in jantej – ich habe es einst gegessen
bin in jantej – ich werde es irgendwann essen
Teilergativität
Als Ergativsprachen werden jene Sprachen bezeichnet, bei welchen das Subjekt intransitiver Verben sowie der Patiens transitiver Verben mit dem selben Pronomen (dem Absolutivpronomen) markiert werden. Der Agens transitiver Verben wird in diesen Sprachen hingegen mit einem separaten Pronomen, dem Ergativpronomen markiert. In Akkusativsprachen – wie beispielsweise dem Deutschen – gestaltet sich die Markierung genau umgekehrt, hier werden das Subjekt intransitiver Verben sowie der Agens transitiver Verben mit dem selben Pronomen (dem Nominativpronomen) markiert. Der Patiens transitiver Verben wird hingegen mit einem gesonderten Pronomen, dem Akkusativpronomen, markiert. Das Yukatekische Maya ist eine Teilergative Sprache, wobei besagte Teilung aspektbedingt ist. Das bedeutet, dass das Yukatekische Maya im Inkompletiv–Aspekt dem Nominativ/ Akkusativ Schema folgt, wohingegen der Kompletiv– sowie der Subjunktiv–Aspekt dem Ergativ/Absolutiv Schema folgen. Die folgenden Schaubilder zeigen die Markierung von Subjekt, Agens und Patiens an intransitiven und transitiven Verben beispielhaft für alle drei Aspekte und verdeutlichen damit die Teilergativität des Yukatekischen Maya.
Stativ
Der Stativ drückt einen Zustand aus, der aus einem vorangegangenen Ereignis resultiert. Im Deutschen werden solche Sätze mit dem Hilfsverb "sein" gebildet, z.B.: ich bin ein Mensch, oder ich bin reich. Da im Yukatekischen Maya kein Hilfsverb existiert, welches Seins–Zustände beschreibt, werden stative Konstruktionen mithilfe der Absolutivpronomen gebildet, welche direkt an das entsprechende Nomen oder Adjektiv angehängt werden:
wíiniken = ich bin ein Mensch
ayik'alen = ich bin reich
Da die 3. Person Singular der Absolutivpronomen durch ein Nullmorphem repräsentiert wird bedeutet dies, dass ein einzelnes Nomen bzw. ein einzelnes Adjektiv bereits einen kompletten Satz darstellt:
wíinik-ø = er, sie, es ist ein Mensch
ayik'al-ø = er, sie, es ist reich
V. Koloniales Yukatekisches Maya
Bereits kurz nach der Eroberung der Halbinsel Yukatan im Jahre 1547 entstanden die ersten in Yukatekischem Maya verfassten Texte. Die Verfasser dieser Texte waren zunächst christliche Missionare, die sich dem vertieften Studium der indigenen Sprache zuwandten, um die Evangelisierung der mayasprachigen Bevölkerung voranzutreiben. Im Rahmen dieser frühen linguistischen Auseinandersetzungen entstanden umfangreiche Wörterbücher wie beispielsweise das Bocabulario de maya than (unbekannter Autor, ca. 1570) oder das Calepino de Motul (Fray Antonio de Ciudad Real, 1580-1614), sowie Grammatiken (z.B. Arte en lengua maya von Fray Juan Coronel, 1620) und doktrinale Texte.
Die spanischen Kleriker widmeten sich jedoch nicht nur der Dokumentation der ihnen fremden Sprache, sondern unterwiesen die mayasprachige Bevölkerung auch in der christlichen Doktrin und vermittelten ihr das Lesen und Schreiben in Spanisch, Latein und Yukatekischem Maya. Diese Ausbildung beschränkte sich jedoch vorrangig auf die Angehörigen der lokalen Oberschicht und diente neben der Konsolidierung der noch jungen Kolonialverwaltung, auch der nachhaltigen Verbreitung und Etablierung des christlichen Glaubens.
Ihre neuen Kenntnisse nutzend, verfassten indigene Schreiber notarielle und administrative Dokumente wie etwa Testamente, Petitionen und Landtitel. Darüber hinaus schufen sie eigenständige Textgenres, die von Medizinaltexten (z.B. El Ritual de los Bacabes und Los Libros del Judío) bis zu den sogenannten Chilam Balam-Büchern reichten.
Bei Letzteren handelt es sich um Textsammlungen, die neben Rätseln, Almanachen und medizinischen Rezepturen, auch Prophetien und historische Erzählungen enthalten. Neun solcher Chilam Balam-Bücher sind uns heute bekannt: das Chilam Balam von Chumayel, von Ixil, von Kaua, von Nah, von Chan Cah, von Tizimin, von Tekax, von Tusik und der Codex Pérez. Sie gelten als wichtige historische Quellen zur Erforschung der kolonialzeitlichen Gesellschaft und Kultur der Yukatekischen Maya.
VI. Sprachbeispiel
Das nachfolgend transkribierte und analysierte Sprachmaterial wurde von Christian W. R. Klingler und Catherine J. Letcher Lazo im Februar 2012 im Osten Yucatáns, Mexiko dokumentiert. Es handelt sich hierbei um eine Videoaufnahme, in der ein Muttersprachler des Yukatekischen Maya eine Geschichte erzählt, welche die Beziehung zwischen der armen Land- und reichen Stadtbevölkerung thematisiert (vgl. hierzu den inhaltlichen Kontext). Da es sich hierbei um die Dokumentation lokaler Alltagssprache handelt, ist das Material – neben seiner thematischen Ausrichtung – insbesondere auch aufgrund der daran ersichtlichen, umgangssprachlichen Prozesse für die Forschung von besonderem Interesse. Wir möchten uns an dieser Stelle ganz herzlich bei Don Victor bedanken, der sich damit einverstanden erklärte, das Videointerview im Sprachenportal der Abteilungs-Webseite zu veröffentlichen: ¡jach dyoos bo‘otik teech!
Video nicht gefunden
Texttranskription in moderner Orthographie
Paachil tu nayl u p'éel xook tin wil u túul chan paal, u túul chan paal jach tu máan yaj u tuukul, ts'o'oke' jach máan yaj u yok'ol. Ka'a tin nats'inbae' ka'a tin wa'aj ti': ¿ba'ax yaan teech chan paal? taak in biskinba uts tawéetel, a'al teen jaajil a wóol. Ka‘a tu li‘is u yich, ts'o'oke' ka'a tu ya'aj teen: taak in wokol xook je'ebix u jee le mejen paalalo'obo', peeroj na'an u ba'alil in ts'ik in kwaaderno, na'an teen ju'un, leti' meetke' mun beyt in wokol xook tu'ux ku yokol paalal tu nayl xook.
Ka'a tin mach u k'ab, ka'a tin wa'alaj ti': yéetel le ba'ax ku yúuchul teech ku yúuchul xan teeni, ku k'a'ajal teen bix yaan tin paalil, ma' xooknajeni, óotsilen. Ka'a ka'a in wok'tik, taak in wok'ol yéet le chan paal, ka'a túulo'on tumen iigwal in tristesa, iigwal in sufriro'on, ba'ax úuchul teen paalen úuchul ti'. Ichil lelo' ma' in wojel ba'ax swerte, ba'ax ti' jach yajóotale', ka'a tin wa'aj ti', u túu chan paal, tin akonsejartik, tin waik ti', tin wak ti', tin tsolik ti', ka'a tin wa'aj ti'e': teeche' ta wóotik til a wokol eskwela, teeche' yaan u p'éel ooro ta k'ab, taak a kanik xook, peeroj na'an teech ju'un a ts'íib, mun beyt a wokol tu nayl xook.
En kaambyo u jew u paalal, u ijos ts'uul, leti'e', tumben u mochilas, lapiserose' tak de ooro ku ya'al u ma'anle', peeroj mun k'uchul eskwela tumen u papaje' yaan taak'in ti'. Ku k'e'eyel, ku ya'ala'al ti' men u papaj: ¡chan paal, ijo, péenen ta xook! Ku yaik tu papaj: ¡teene' ma' k'abéet teen xook! ku machk u kwaaderno, ku ja'ajatik, ku ya'alik, k'eyaj ku meetik tu papaj: ¡ma' taak in bin xooki! ¿tumen ba'axten? tumen tuláakal yaan ti'.
Entonses, le chan paal ku ya'ake', esten, komo leti' óotsil, óotsilen xan. Ich in tsikbatik ti' ba'ax ku yúuchul xan teene' ka'a kóola' kaampana, ka‘a jo‘osaj mejen paalal rekreo. Ku máan u yaalkabo', tu máan u baaxlo', tun che'ejo'. Peeroj teene' u túul chan paal je'ebix teen, óotsil, óotsilen xane', chéen paach u nayl xooke' chéen puro ok'ol ka k meetik.
Übersetzung
Hinter der Schule sah ich ein kleines Kind das sehr betrübt war. Zudem weinte es bitterlich. Als ich mich näherte sagte ich zu ihm: "Was hast du, kleines Kind? Ich möchte gut mit dir auskommen, schütte mir dein Herz aus." Dann hob er sein Gesicht und sagte zu mir: "Ich möchte studieren wie die anderen kleinen Kinder, aber ich habe nichts worin ich meine Hefte verstauen kann, ich habe kein Papier, aus diesem Grund kann ich nicht studieren gehen, dort wo die Kinder hingehen, in die Schule."
Dann ergriff ich seine Hand und sagte zu ihm: "Das was dir widerfährt, ist mir auch widerfahren. Ich erinnere mich daran, wie es in meiner Kindheit war, ich habe nicht studiert, ich war arm." Da fange ich wieder an zu weinen. Ich möchte mit dem kleinen Kind weinen. Wir sind zu zweit, weil unsere Trauer und unser Leiden gleich sind. Was mir passiert ist als ich ein Kind war, das passiert nun ihm. Und während ich nicht weiss, welches Schicksal er hat, warum er so traurig wird, so sage ich zu ihm, zu dem kleinen Kind, ich berate ihn, ich erkläre es ihm und sage: "Du hast dich dazu entschieden in die Schule zu gehen, du hast ein Stück Gold in deiner Hand, du möchtest Studieren lernen, aber du hast kein Papier, um zu schreiben, du kannst nicht in die Schule gehen."
Andererseits gibt es andere Kinder, die Söhne der Reichen, sie haben neue Rucksäcke, sogar besagte Kugelschreiber aus Gold werden für sie gekauft. Aber sie kommen nicht in die Schule, weil ihre Väter Geld haben. Er [der Sohn] wird geschimpft, sein Vater sagt zu ihm: "Kleines Kind, Sohn, geh studieren!" Aber er [der Sohn] sagt zu seinem Vater: "Ich brauche nicht zu studieren!" Er nimmt sein Heft, er zerreist es mehrfach, er sagt und beschimpft seinen Vater: "Ich will nicht studieren gehen!" Und warum [will er nicht studieren]? Weil er alles hat.
Also sagt das kleine Kind, ähm... da er arm ist und ich auch arm bin... während ich ihm erzähle, was auch mir passiert ist, da läutet die Glocke und holt die Kinder zur Pause heraus. Sie gehen rennen und spielen und lachen. Aber ich und das kleine Kind, das so ist wie ich – er ist arm und ich bin auch arm – wir stehen hinter der Schule und weinen einfach nur
Transkription und Übersetzung: Christian W. R. Klingler und Catherine J. Letcher Lazo, 2013
Morphologische Textanalyse
paachil tu nayl u p'éel xook tin wil u túul chan paal,
paachil t[i']–u nayl [j]u[n]–p'éel xook t–inw–il–[aj]–ø [j]u[n]–túul chan paal
hinter an–3sE Haus(besessen) 1–NC(inan) Studium AUX–1sE–sehen(VT)–KOM–3sA 1–NC(anim) klein Kind
Hinter dem Haus des Studiums sah ich ein kleines Kind
u túul chan paal jach tu máan yaj u tuukul,
[j]u[n]–túul chan paal jach t–u–máan–yaj–ø u–tuukul
1–NC(anim) klein Kind sehr AUX–3sE–sehr–schmerzen(VI)–INC 3sE–Gedanken/Gefühle
ein kleines Kind, dessen Gedanken/Gefühle ihn sehr schmerzen
ts'o'oke' jach máan yaj u yok'ol
ts'o'ok'[ol]–e' jach máan yaj–ø uy–ok'ol
beenden–DX sehr sehr schmerzhaft–3sA 3sE–Weinen
und dann ist sein Weinen sehr schmerzhaft
ka'a tin nats'inbae' ka'a tin wa'aj ti'
ka'a t–in–nats'–[aj]–inba–e' ka'a t–inw–a'a[l]–[a]j–ø ti'
als AUX–1sE–nähern(VT)–KOM–1sREF–DX da AUX–1sE–sagen(VT)–KOM–3sE 3sDAT
als ich mich näherte, da sagte ich zu ihm
¿ba'ax yaan teech chan paal?
ba'ax yaan teech chan paal
was es_existiert 2sDAT klein Kind
was hast du, kleines Kind
taak in biskinba uts tawéetel, a'al teen jaajil a wóol
taak–in–bi–s–[i]k–inba uts tawéetel, a'al teen jaaj–il aw–óol
AUX–1sE–gehen(VI)–KAUS–INK–1sREF gut mit_dir sagen(IMP) 2sDAT wahr–ABSTR 2sE–Lebensessenz
ich möchte gut mit dir auskommen, sag mir die Wahrheit deines Herzens
ka'a tu li'is u yich, ts'o'oke' ka'a tu ya'aj teen
ka'a t–u–li'i–s–[aj]–ø uy–ich, ts'o'ok[ol]–e' ka'a t–uy–a'a[l]–[a]j–ø teen
dann AUX–3sE–aufsteigen(VI)–KAUS–KOM–3sA 3sE–Gesicht/Auge beenden–DX dann AUX–3sE sagen(VT)–KOM–3sA 1sDAT
dann erhob er sein Gesicht und danach sagte er zu mir
taak in wokol xook je'ebix u jee le mejen paalalo'obo'
taak–inw–ok–ol xook je'ebix u jee[l] le mejen paal–al–o'ob–o'
AUX–1sE–eintreten(VI)–INK studieren wie 3sE–andere ART klein(pl) Kind–PL–PL–DX
ich möchte studieren, wie die anderen kleinen Kinder
peeroj na'an u ba'alil in ts'ik in kwaaderno na'an teen ju'un,
peeroj na'an u ba'al–il in–ts'[a]–ik–ø in–kwaaderno na'an teen ju'un
aber es_existiert_nicht 3sE Ding–REL 1sE–geben/legen(VT)–INK–3sA 3sE–Heft es_existiert_nicht 1sDAT Papier
aber ich habe nichts wo ich mein Heft hineintun kann, ich habe kein Papier
leti' meetke' mun beyt in wokol xook
leti' mee[n]–t–[i]k–e' mun–bey–t[al] inw–ok–ol xook
3sFPP Tat–TRANS–INK–DX NEG.3sE–können(VI)–INK 1sE–eintreten(VI)–INK studieren
aus diesem Grund kann ich nicht studieren gehen
tu'ux ku yokol paalal tu nayl xook
tu'ux k–uy–ok–ol paal–al t[i']–u nayl xook
wo AUX–3sE–eintreten(VI)–INK Kind–PL in–3sE Haus(besessen)Studium
dort wo die Kinder eintreten, in das Haus des Studiums
ka'a tin mach u k'ab, ka'a tin wa'alaj ti'
ka'a t–in–mach–[aj]–ø u–k'ab, ka'a t–inw–a'al–aj–ø ti'
dann AUX–1sE–greifen(VT)–KOM–3sA 3sE–Hand und AUX–1sE–sagen(VT)–KOM–3sA 3sDAT
dann ergriff ich seine Hand und sagte zu ihm
yéetel le ba'ax ku yúuchul teech ku yúuchul xan teeni',
yéetel le ba‘ax k–uy–úuch–ul teech k–uy–úuch–ul xan teen–i'
mit ART was AUX–3sE–passieren(VI)–INK 2sDAT AUX–3sE–passieren(VI)–INK auch 1sDAT–EMPH
das was dir widerfährt, ist auch mir widerfahren
ku k'a'ajal teen bix yaan tin paalil, ma' xooknajeni', óotsilen
k–u–k'a'aj–al teen bix yaan t[i']–in paal–il, ma' xook–naj–en–i', óotsil–en
AUX–3sE–erinnern(VI)–INK 1sDAT wie es_existiert in–1sE Kind–ABSTR NEG studieren–KOM–1sA–NEG arm–1sA
ich erinnere mich daran, wie es in meiner Kindheit war, ich habe nicht studiert, ich bin arm
ka'a ka'a in wok'tik,
ka'a ka'a inw–ok'[ol]–t–ik–ø
da wieder 1sE–weinen(VI)–TRANS–INK–3sA
da beweine ich es wieder
taak in wok'ol yéet le chan paal,
taak–inw–ok'ol–ø yéet[el] le chan paal
AUX–1sE–weinen(VI)–INK mit ART klein Kind
ich möchte mit dem kleinen Kind weinen
ka'a túulo'on tumen iigwal in tristesa, iigwal in sufriro'on,
ka'a–túul–o'on tumen iigwal–ø in–tristesa iigwal–ø in–sufrir–o'on
2–NC(anim)–1plA weil gleich–3sA 1sE–Trauer gleich–3sA 1plE–Leiden–1plE
wir sind zu zweit, weil unsere Trauer gleich ist, unser Leiden gleich ist
ba'ax úuchul teen paalen úuchul ti'
ba'ax úuch–ul teen paal–en úuch–ul ti'
was passieren(VI)–INK 1sDAT Kind–1sA passieren(VI)–INK 3sDAT
was mir passiert ist als ich ein Kind war, das passiert ihm
ichil lelo' ma' in wojel ba'ax swerte, ba'ax ti' jach yajóotale', ka'a tin wa'aj ti'
ichil lelo' ma' inw–ojel ba'ax swerte–ø ba'ax ti' jach yajóo[l]–ø–tal–e' ka'a t–inw–a'a[l]–aj–ø ti'
während DEM NEG 1sE–wissen(VD) was Schicksal–3sA was ? sehr traurig(ADJ)–INCH–INK–DX dann AUX–1sE–sagen(VT)–KOM–3sA 3sDAT
währenddessen weiss ich nicht, welches Schicksal es ist, wieso er so traurig wird, dann sagte ich zu ihm
u túu chan paal, tin akonsejartik, tin waik ti', tin wak ti',
[j]u[n]–túu[l] chan paal t–in–akonsejar–t–ik–ø t–inw–a['al]–ik–ø ti' t–inw–a['al]–[i]k–ø ti'
1-NC(anim) klein Kind AUX–1sE–beraten–TRANS–INK–3sA AUX–1sE–sagen(VT)–INK–3sA 3sDAT AUX–1sE–sagen(VT)–INK–3sA 3sDAT
ein kleines Kind, ich berate ihn, ich sage es ihm, ich sage es ihm
tin tsolik ti', ka'a tin wa'aj ti'e'
t–in–tsol–ik–ø ti' ka'a t–inw–a'a[l]–aj–ø ti'-e'
AUX–1sE–ausrichten/erklären(VT)–INK–3sA 3sDAT dann AUX–1sE–sagen(VT)–KOM–3sA 3sDAT–DX
ich erkläre es ihm, dann sagte ich ihm:
teeche' ta wóotik til a wokol eskwela,
teech–e' t–aw–óo[l]–t–ik–ø ti[a'a]l aw–ok–ol eskwela
2sFPP–DX AUX–2sE–Lebensessenz(N)–TRANS–INK–3sA um 2sE–eintreten(VT)–INK Schule
du hast dich dazu entschieden, in die Schule zu gehen
teeche' yaan u p'éel ooro ta k'ab, taak a kanik xook,
teech–e' yaan [j]u[n]–p'éel ooro t[i']–a–k'ab taak–a–kan–ik–ø xook
2sFPP–DX es_existiert 1–NC(inan) Gold in–2sE–Hand AUX–2sE–lernen(VT)–INK–3sA studieren
du hast ein Stück Gold in deiner Hand, du möchtest studieren lernen
peeroj na'an teech ju'un a ts'íib, mun beyt a wokol tu nayl xook
peeroj na'an teech ju'un a–ts'íib–ø mun–bey–t[al] aw–ok–ol t[i']–u–nayl xook
aber es_existiert_nicht 2sDAT Papier 2sE–schreiben(VI)–INK NEG.3sE–können(VI)–INK 3sE–eintreten(VI)–INK in–3sE–Haus(besessen) Studium
aber du hast kein Papier, um zu schreiben, du kannst nicht in die Schule gehen
en kaambyo u jew u paalal, u ijos ts'uul, leti'e', tumben u mochilas,
en kaambyo u–je[el]w u paal–al u–ijos ts'uul leti'e' tumben u–mochilas
andererseits 3sE–andere 3sE Kind–PL 3sE–Söhne Reicher 3sFPP-DX neu 3sE–Rucksack
Andererseits gibt es andere Kinder, die Söhne der Reichen, sie haben neue Rucksäcke,
lapiserose' tak de ooro ku ya'al u ma'anle'
lapiseros–e' tak de ooro k–uy–a'al u–ma'an–[a]l–e'
Kugelschreiber–DX bis aus Gold AUX–3sE–sagen 3sE–gekauft_werden(VI)–INK–DX
sogar besagte Kugelschreiber aus Gold werden für sie gekauft
peeroj mun k'uchul eskwela tumen u papaje' yaan taak'in ti'
peeroj mun–k'uch–ul eskwela tumen u–papaj–e' yaan taak'in ti'
aber NEG.3sE–ankommen(VI)–INK Schule weil 3sE–Vater–DX es_existiert Geld 3sDAT
aber sie kommen nicht in die Schule, weil ihr Vater Geld hat
ku k'e'eyel, ku ya'ala'al ti' men u papaj:
k–u–k'e'ey–el k–uy–a'al–a'al ti' [tu]men u–papaj
AUX–3sE–geschimpft_werden(VI)–INK AUX–3sE–sagen(VT)–PASS.INK 3sDAT durch 3sE–Vater
er wird geschimpft, es wird ihm von seinem Vater gesagt:
¡chan paal, ijo, péenen ta xook!
chan paal ijo péen–en t[i']–a–xook
klein Kind Sohn bewegen(VI)–IMP zu–2sE–Studium
kleines Kind, Sohn, geh studieren!
ku yaik tu papaj: ¡teene' ma' k'abéet teen xook!
k–uy–a['al]–ik–ø t[i']–u–papaj teen–e' ma' k'abéet teen xook
AUX–3sE–sagen(VT)–INK–3sA zu–3sE–Vater 1sFPP–DX NEG es_brauchen 1sDAT studieren
er sagt zu seinem Vater: ich brauche nicht zu studieren!
ku machk u kwaaderno, ku ja'ajatik,
k–u–mach–[i]k–ø 3sE–kwaaderno k–u–ja'a–jat–ik–ø
AUX–3sE–fassen(VT)–INK–3sA 3sE–Heft AUX–3sE–RE–zerreisen(VT)–INK–3sA
er nimmt sein Heft, er zerreist es mehrfach,
ku ya'alik, k'eyaj ku meetik tu papaj:
k–uy–a'al–ik–ø k'eyaj k–u–mee[n]–t–ik–ø t[i']–u–papaj
AUX–3sE–sagen(VT)–INK–3sA Schimpfen AUX–3sE–Tat–TRANS–INK–3sA zu–3sE–Vater
er sagt es, er beschimpft seinen Vater:
¡ma' taak in bin xooki'!
ma' taak–in–bin xook–i'
NEG AUX–1sE–gehen(VI) studieren–NEG
ich will nicht studieren gehen!
¿tumen ba'axten? tumen tuláakal yaan ti'
tumen ba'axten tumen tuláakal yaan ti'
weil warum weil alles es_existiert 3sDAT
und warum? Weil er alles hat.
entonses, le chan paal ku ya'ake', esten, komo leti' óotsil, óotsilen xan,
entonces le chan paal k–uy–a'a[l]–[i]k–ø–e' esten komo leti' óotsil–ø óotsil–en xan
also ART klein Kind AUX–3sE–sagen(VI)–INK–3sA–DX ähm da 3sFPP arm–3sA arm–1sA auch
also sagt das kleine Kind, ähm, da er arm ist, ich bin auch arm,
ich in tsikbatik ti' ba'ax ku yúuchul xan teene' ka'a kóola' kaampana,
ich in–tsikba[l]–t–ik–ø ti' ba'ax k–uy–úuch–ul xan teen–e' ka'a kóol–a'[aj] kaampana
PRÄ 1sE–unterhalten(VI)–TRANS–3sA 3sFPP was AUX–3sE–passieren(VI)–INK auch 1sFPP–DX dann aufeinanderfolgend_ziehen(VT)–PASS Glocke
während ich ihm erzähle, was auch mir passiert ist, wird die Glocke geläutet,
ka'a jo'osaj mejen paalal rekreo
ka'a jo'o–s–aj–ø mejen paal–al rekreo
dann herauskommen(VI)–KAUS–KOM–3sA klein(pl) Kind–PL Pause
sie holt die Kinder zur Pause heraus.
ku máan u yaalkabo', tu máan u baaxlo', tun che'ejo',
k–u–máan uy–aalkab–ø–o'[ob] t–u–máan u–baax–[a]l–o'[ob] tun–che'ej–ø–o'[ob]
AUX–3sE–vorübergehen(VI) 3plE–rennen(VI)–INK–3plE AUX–3sE–vorübergehen(VI) 3plE–spielen(VI)–INK–3plE AUX.3plE–lachen(VI)–INK–3plE
sie gehen rennend vorbei, sie gehen spielend vorbei, sie lachen
peeroj teene' u túul chan paal je'ebix teen, óotsil, óotsilen xane'
peeroj teen–e' [j]u[n]–túul chan paal je'ebix teen óotsil–ø óotsil–en xan–e'
aber 1sFPP–DX 1–NC(anim) klein Kind wie 1sFPP arm–3sA arm–1sA auch–DX
aber ich, ein kleines Kind wie ich, er ist arm, ich bin auch arm
chéen paach u nayl xooke' chéen puro ok'ol ka k meetik.
chéen paach u–nayl xook–e' chéen puro ok'ol ka–k–mee[n]–t–ik–ø
nur hinter 3sE–Haus(besessen) Studium–DX nur lauter Weinen AUX–1plE–Tat–TRANS–INK–3sA
hinter der Schule [sind wir], wir weinen einfach nur.
Abkürzungen:
FPP – Freies Personalpronomen
DAT – Dativpronomen
DEM – Demonstrativpronomen
A – Absolutivpronomen
E – Ergativpronomen
REF – Reflexivpronomen
s – Singular (Pronomen)
pl – Plural (Pronomen)
ø – Nullmorphem
VT – Transitives Verb
VI – Intransitives Verb
AUX – Auxiliar / Aspektpräfix
INK – Inkompletiv Aspektmarker
KOM – Kompletiv Aspektmarker
INCH – Inchoativ Suffix
KAUS – Kausativ Suffix
TRANS – Transitivierungs Suffix
PASS – Passiv
NC(anim)– Numeralklassifikator (belebt)
NC(inan) – Numeralklassifikator (unbelebt)
PRÄ – Präposition
ART – Artikel
PL – Pluralsuffix
ABSTR – Abstraktionssuffix
REL – Relationales Suffix
NEG – Negation
RE – Reduplikation
DX – Deiktische Partikel
EMPH – Emphase
N – Nomen
ADJ – Adjektiv
Inhaltlicher Kontext der Geschichte
In Don Victors Erzählung spielt der Gegensatz zwischen "den Armen" und "den Reichen" eine zentrale Rolle. Die mayasprachige Bevölkerung Yucatáns, die überwiegend in den ländlichen Gebieten des Bundesstaates lebt, verwendet beide Begriffe nicht nur in einem ökonomischen Sinne, sondern auch als ethnische Zuschreibungen, die mit jeweils unterschiedlichen moralischen Wertungen belegt sind. Óotsil máako'on ("wir sind arme Leute") gehört neben máasewal bzw. campesino/-a und mayero/-a zu der am häufigsten verwendeten Selbstzuschreibung. Sie dient Maya–Sprecherinnen und Sprechern zur Abgrenzung von der städtischen, spanischsprachigen Bevölkerung, die unter anderem als ayik'al máako'ob ("reiche Menschen") oder als ts'uulo'ob (ursprünglich "die Fremden", aber auch einfach "die Reichen") bezeichnet wird.
Diese gängigen Bezeichnungen referieren auf eine ökonomische Hierarchie, in der sich die mayasprachige Bevölkerung an unterster Stelle wiederfindet. Der gesellschaftlichen Marginalisierung und Stigmatisierung begegnet die mayasprachige Bevölkerung dadurch, dass sie die bestehende Hierarchie auf der moralischen Ebene umkehrt. Ihre vergleichsweise große Armut sowie die auf Subsistenz ausgelegte Wirtschaftsweise sind aus Sicht von Maya–Sprecherinnen und Sprechern eng mit Vorstellungen von Ruhe, Tugendhaftigkeit, Bescheidenheit und respektvollem Umgang verknüpft. Reichtum und Geldwirtschaft hingegen stehen für Unruhe, Ausschweifungen und moralischen Verfall.
Diese gegensätzlichen Aspekte werden in der Erzählung durch die beiden Kinder verkörpert. Dem armen, tugendhaften Kind, dessen größter Wunsch es ist, in die Schule zu gehen, um Lesen und Schreiben zu lernen, wird das flegelhafte Kind eines reichen Mannes (ts'uul) gegenübergestellt. Trotz der Tatsache, dass es ihm materiell an nichts mangelt (es besitzt sogar einen Kugelschreiber aus Gold) weigert sich das reiche Kind in die Schule zu gehen, zerreißt aus Wut sein Schreibpapier und beschimpft seinen Vater.
I. Linguistische Arbeiten
a) Artes
2002 [1746] Arte de el Idioma Maya reducido a Succintas Reglas y Semilexicón Yucateco. Fuentes para el Estudio de la Cultura Maya, 17. Herausgegeben von René Acuña. México, D.F.: Universidad Nacional Autónoma de México.
1998 [1620] Arte en Lengua de Maya y otros escritos. Fuentes para el Estudio de la Cultura Maya, 14. Herausgegeben von René Acuña. México, D.F.: Universidad Nacional Autónoma de México.
1996 [1684] Arte de la Lengua Maya. Fuentes para el Estudio de la Cultura Maya, 13. Herausgegeben von René Acuña. México, D.F.: Universidad Nacional Autónoma de México.
b) Kolonialzeitliches Maya
1967
Classical Yucatec (Maya). In: Handbook of Middle American Indians, Vol. 5: Linguistics. Austin: University of Texas Press, 201-247.
1977
Einführung in das Klassische Yukatekisch. Hamburg: Archäolog. Institut der Univ. Hamburg (Altamerikanistische Sprachen und Kulturen, Mitteilungen Nr. 7). [Arbeit basiert auf kolonialzeitlichen Artes]
Pfeiler, Barbara und Glenn Ayres
1996
Los verbos Maya. La conjugación en el maya yucateco moderno. Mérida, Yucatán: Ediciones de la Universidad Autónoma de Yucatán.
1990
Yukatekisch. Zeitschrift für Sprachwissenschaft 9(1-2): 28–51.
1983 Numeral Classifiers im yukatekischen Maya. Hannover: Verlag für Ethnologie.
1977 A Maya Grammar: With Bibliography and Appraisement of the Works Noted. New York: Dover Publications.
II. Wörterbücher
a) Kolonialzeitliche Wörterbücher o. V.
1993 [ca.1670] Bocabulario de Maya Than. Codex Vindobonensis N.S. 3833. Fuentes para el Estudio de la Cultura Maya, 10. Herausgegeben von René Acuña. México, D.F.: Universidad Nacional Autónoma de México.
2001 [ca.1600] Calepino Maya de Motul. Edición crítica y anotada por René Acuña. México, D.F.: Plaza y Valdés.
o.V.
1976 [ca.1700] Diccionario de San Francisco. Herausgegeben von Oscar Michelon. Graz: Akademische Druck- und Verlagsanstalt.
b) Moderne Wörterbücher
Academia de la Lengua Maya de Yucatán (Hrsg.)
2003 Diccionario Maya Popular. Maya – Español, Español – Maya. Mérida: Compañía Editorial de la Península.
1998 A Dictionary of the Maya Language: As Spoken in Hocabá, Yucatán. Salt Lake City: The University of Utah Press.
1969 Hahil Tzolbichunil Than Mayab o Verdadero Diccionario de la Lengua Maya. Mérida, Yucatán, Méjico: Sociedad Mejicana de Geografía i Estadística i de la de Geografía e Historia de Guatemala.
III. Ethnographische, ethnohistorische und allgemeine Arbeiten
Adelaar, Willem F. H. 2007 Meso-America. In: C. Moseley (Hrsg.), Encyclopedia of the world’s endangered languages, 197–210. London: Routledge.
1987 El Ritual de los Bacabes. México, D.F.: Universidad Nacional Autónoma de México.
2004 Becoming Maya. Ethnicity and Social Inequality in Yucatán since 1500. Tucson: The University of Arizona Press.
2002 Geschichtstradierung in den yukatekischen Chilam Balam-Büchern: Eine Analyse der Herkunft und Entwicklung ausgewählter historischer Berichte. Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Philosophischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn.
1990 Referential Practice: Language and Lived Space among the Maya. Chicago: The University of Chicago Press.
2010 Converting Words: Maya in the Age of the Cross. Berkeley: University of California Press.
1976 Archaeological and Linguistic Correlations in Mayaland and Associated Areas of Meso-America. World Archaeology 8(1): 101-118.