Universität Bonn

Abteilung Christliche Archäologie

Bischof – Grab – Stadt

Bischöfliche Begräbnisse als Spiegel kirchenpolitischer und gesellschaftlicher Transformationsprozesse zwischen Spätantike und Frühmittelalter

Gräber funktionieren stets auf mehreren Ebenen. Zum einen ist ein selbstgestaltetes Grab ein Ausdruck der Selbstdarstellung des Bestatteten sowie ein Versuch, die zukünftige Erinnerung an sich zu steuern. Zum anderen ist dieses Vorhaben stets von der Außenwahrnehmung des Verstorbenen abhängig. Diese Feststellung gilt von der Antike bis heute, erfährt aber durch den Aufstieg des Christentums eine besondere Bedeutung im Römischen Reich des 4. bis 5. Jhs. In dieser Zeit des religiösen, politischen und gesellschaftlichen Umbruchs strebt mit den christlichen Bischöfen eine machtbewusste neue Klasse nach Einfluss. Ein beredtes Zeugnis dieses Strebens sind die Grabstätten dieser Kirchenmänner, die wegen der fehlenden Normierung solcher Bestattungen größere Freiheiten in der Gestaltung haben als ihre Vor- oder Nachfahren. Die Gräber sind Monumente von Repräsentanten der rasant aufstrebenden christlichen Religion, die wie ein Spiegel der Gesellschaft funktionieren und symbolisieren somit nicht nur einen Erinnerungsort an einen verstorbenen Bischof, sondern bieten einen Einblick in die Stellung des Individuums und der Religion in der spätantiken Gesellschaft.

Sant'Ambrogio Cript in Basilica of Sant'Ambrogio
© Báthory Péter, CC BY-SA

Dabei ist es nicht das Ziel dieses Dissertationsvorhabens, allgemeingültige Vergleiche zwischen den Bischofsgräbern anzustellen oder wie bisher mit einem Fokus auf die Stadt Rom vorzugehen. Stattdessen werden die Gräber der machtbewussten Bischöfe Ambrosius von Mailand, Damasus von Rom, Paulinus von Nola, Martin von Tours und Optatus von Timgad als Fallbeispiele auf verschiedenen Ebenen untersucht. Dabei stellt der Befund des Grabes selbst als Ausdruck der Selbstrepräsentation des Bischofs in Kirche und Gesellschaft die erste Ebene dar. Dieser Grabentwurf ist jedoch einer Rezeption durch Betrachter und Nachfolger unterworfen. Daher vollzieht das Projekt nach, wie diese teilweise ausgesprochen innovativen Bestattungen in der Nachfolge des Bischofs aufgenommen wurden. Prägten die Gräber einen Trend, wurden sie auf- oder sogar abgewertet, bildeten sie einen Bezugspunkt für Amtsnachfolger? Zuletzt wird auch die Situation des Bischofs in seinem Bischofssitz miteinbezogen. Auf welche Möglichkeiten, Schwierigkeiten und Restriktionen traf der Amtsträger in seinem spezifischen urbanen Kontext, was trieb ihn an und welche Auswirkungen hatten sein Episkopat und seine Grablege als Erinnerungsort dessen auf die Stadt?

Das Projekt wird durch diese holistische Betrachtungsweise einen umfassenden Blick auf diese frühen Repräsentanten des Christentums gewähren, der individuell auf die einzelnen Persönlichkeiten und ihre Lage angepasst ist: Denn die politische, religiöse und soziale Situation der Bischofssitze in den zu betrachtenden Städten kulminiert wie in einem Brennglas in den Bestattungen ihrer Bischöfe, deren unterschiedliche Herangehensweisen kontextualisiert und als individuelle Lösungsansätze präsentiert werden.

Laufzeit: Seit 2023

Betreuung: Prof. Dr. Sabine Feist (Bonn) und Prof. Dr. Franz Alto Bauer (München)

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